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Figurenspiel


Allgemeine Betrachtung

Das Figurenspiel – der Publikumsmagnet


Wie fast alle Astronomischen Monumentaluhren ist auch der Zytglogge mit einem bunten Figurenspiel dekoriert. Untersuchungen anlässlich der Turmrenovation von 1983 haben ergeben, dass bereits mit der ersten Uhr von 1405 eine Automatengruppe bestanden haben muss. Über das Motiv ist leider nichts bekannt. Es ist gut möglich, dass damals, wie in andern Städten, die Verehrung Gottes, dem Schöpfer der Welt den Beweggrund dazu gab.

Das heutige Figurenspiel, mit Chronos im Zentrum, geht auf den Turmausbau von 1467-83 zurück. Im Verlauf des 16. und 17. Jahrhunderts erlebte es verschiedene Veränderungen.


Ablauf

Das Schauspiel der Figuren

Das Spiel der Automatengruppe bildet für die zahlreichen Besucher zweifellos die Hauptattraktion am Turm.

Immer, ca. 3 ½ Minuten vor dem Stundenschlag kräht der Hahn und kündet den bevorstehenden Stundewechsel an. Dabei erinnert er uns, dass bald wieder eine Stunde im Leben vorbei ist. Kurz darauf dreht der Bärenzug der Stadtwache seine stündlichen Runden. Dazu schlägt der Narr, obwohl es noch zu früh ist, bereits die Stunde an seine beiden Glöcklein. Nachdem die Bären ihre Runden beendet haben, kräht der Hahn zum zweiten Mal.

Sobald die Zeit der vollen Stunde gekommen ist, ertönen vom Turm herab die vier Schläge der Viertelstundenglocke. Nun dreht Chronos, Gott der Zeit, seine Sanduhr und hebt das Zepter zum Kommando des Stundenschlags. Genau im Takt des schwingenden Zepters schlägt Hans von Thann, der goldene Stundenschläger, die grosse Stundenglocke. Um sicher zu sein, dass die Anzahl Schläge stimmt, hört Chronos aufmerksam zu und zählt mit. Dazu öffnet er mit jedem Schlag seinen Mund. Kurze Zeit nachdem die Stundenglocke verstummt ist, kräht der Hahn zum dritten Mal und verkündet den Beginn einer neuen Stunde.



Bedeutung

«als ob es als lebendig sei»

Unter dem Motto Zuverlässigkeit und Wachsamkeit sollte es ursprünglich den Bewohnern wohl Fürsorge und Sicherheit vermitteln. Dieses rein bürgerliche Motiv steht in krassem Gegensatz zu den vielen Kunstuhren, die – vorwiegend in Kathedralen – religiös motivierte Figurenspiele aufweisen.

Als Symbol der Wachsamkeit verkündet der Hahn die vergangene und die neu angebrochene Stunde. Wachsamkeit vermitteln auch die sieben Bären die als Stadtwache, stündlich ihre Runden drehen. Der aufrecht stehende Löwe mit einem Szepter in der rechten Tatze soll an den Stadtgründer, Herzog Bertold V. von Zähringen erinnern, dem die Berner seit dem 15. Jahrhundert den Löwen als Wappentier zuschrieben. In der Mitte des Spielerkers sitzt Chronos, der in der griechischen Mythologie Gott der Zeit darstellt. In seiner rechten Hand hält er die Sanduhr oder das Stundenglas als Symbol für die zerrinnende Zeit. In der rechten Hand schwingt er das Zepter, Sinnbild für Macht über die Zeit. Er ist es, der den genauen Ablauf des Stundenschlags kommandiert und kontrolliert. In der obersten Nische des Spielerkers sitzt der Narr in rotem Gewand und einer roten, mit Schellen besetzten, zipfeligen Mütze. Viel zu früh und daher wohl zum Ärger von Chronos, schlägt er die beiden über ihm hängenden Glöckchen. Als Spassmacher soll er dem ernsten Spiel eine humoristische Atmosphäre verleihen.

1534 hat der Wandergeselle Sebastian Fischer aus Ulm die Spielgruppe getreulich dargestellt und deren Ablauf ausführlich beschrieben: …und gadt also wesentlich uff ainander als ob es als lebendig sei. Vergleichen wir die heutige Figurengruppe mit der Darstellung von Sebastian Fischer, so stellen wir fest, dass Chronos, der Hahn und der Narr damals schon vorhanden waren. Zusätzlich erkennen wir zwei Turmbläser, eine technische Imitation der Stadttrompeter, die damals täglich ihre Turmmusik aus den Dachfenstern erklingen liessen. 1593 wird die Anordnung geändert, die Turmbläser verschwinden, dafür entsteht der Bärenzug. Mit dem Löwen, der seit 1687 als Pendant zum Hahn das rechte Podest einnimmt ist der heutige Zustand erreicht.







Texte:
Markus Marti | Konzeption: macREC GmbH