Zifferblätter
Allgemeine Betrachtung
Endlich - die optische Zeitangabe
Erst 1608 erhielt der Kupferschmied Baltasar Wierich den Auftrag,
... grosse runde kupferine schyben, daruff die buchstaben
gemalen … anzufertigen. Vorher bestand kein Bedarf,
die Zeit optisch anzuzeigen, das akustische Zeitsignal genügte
vollauf.
Die Zifferblätter sollten die Stunden
und die Viertelstunden anzeigen, für Minuten bestand kein
Bedürfnis. So schreibt J.R. Gruner 1732 in seinem Büchlein
Deliciae Urbis Bernae: ... sie zeiget an zweien Orten an
sehr grossen Tafeln die Stund und viertel Stund. Noch heute
weist das östliche Zifferblatt zwei Kreise auf. Der äussere,
der Stundenkreis, ist mit gotischen römischen Zahlen von
I – XII beschriftet. Als Zeiger dient der längere
der beiden, mit der goldenen Hand und dem drehbaren Sonnenemblem,
dessen Gesicht immer in aufrechter Position steht. Der zweite,
innere und schmälere Kreis ist, den Viertelstunden entsprechend,
mit römischen Zahlen von I – IIII beschriftet. Die
Anzeige geschieht durch den kürzeren, pfeilförmigen
Zeiger.
Zifferblatt Ost
Es werde Licht
Das östliche Zifferblatt mit seiner schwarz-goldenen Erscheinung
soll an den Ursprung der Zeit erinnern. Es symbolisiert die Schöpfungsgeschichte
der Bibel. So heisst es in Genesis I, 1-3: Am Anfang schuf Gott
Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer und es war finster
in der Tiefe... Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht.
Der schwarze Grund stellt die finstere Tiefe, die goldenen Ziffern
und Zeiger das Licht und damit den Beginn der Zeit dar. Das Ganze
wird zu einem eindrücklichen Schauspiel, wenn im Frühling
und im Herbst die Sonne über der Kramgasse aufgeht und fast
horizontal auf das Zifferblatt scheint und das Gold richtig zum Leuchten
bringt.
Zifferblatt West
Beginn der Zeit
Auch das westliche Zifferblatt war ursprünglich schwarz-gold
konzipiert und versinnbildlichte die Lichtwerdung aus der
Schöpfungsgeschichte. Erst 1930 gestaltete Viktor Surbek
die Westfassade mit dem Zifferblatt neu. Immerhin nimmt er
mit seinem Wandbild das gleiche Thema auf; er nennt es «Beginn
der Zeit». Im obern Teil fliegt Chronos als Sensemann
herab aus den Wolken und unten erkennen wir die Vertreibung
aus dem Paradies, dargestellt durch einen geharnischten Engel
mit Schwert und den fliehenden Menschen Adam und Eva
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